Ein Interview mit Olympia-Turmspringerin Marion Reiff
Marion Reiff, ehemalige olympische Turmspringerin, ist heute erfolgreiche Pilates-Trainerin und Certified Rolfer®. In diesem Interview verrät sie, wie Rolfing® Strukturelle Integration ihre Arbeit bereichert und warum sie Pilates-Trainern empfiehlt, Rolfing zu erlernen.
Erfahren Sie, wie Rolfing die individuellen Bedürfnisse Ihrer Kunden besser berücksichtigt und Bewegungstraining auf ein neues Level heben kann.
Wie bereichert Rolfing® deinen Pilates Unterricht?
Durch meine Rolfing®-Ausbildung hat sich mein Verständnis für den menschlichen Körper bedeutend verändert. Dank Bodyreading kann ich die Körper meiner Kunden besser „lesen“ und das Zusammenspiel zwischen Struktur und Funktion differenzierter erfassen.
Für Pilates-Trainer ist die Biomechanik eine essenzielle Grundlage. Das Wissen aus dem Rolfing erweitert diese Perspektive erheblich, indem es mich die individuelle Körperstruktur und ihre Bewegungsmuster in ihrer ganzen Komplexität erfassen lässt. Jeder Körper ist einzigartig, und Bodyreading hilft mir, Bewegungen und mögliche Blockaden oder Kompensationsmuster besser zu verstehen.
Mein Pilates Unterricht – ob in der Gruppe oder im Einzeltraining – profitiert enorm davon. Ich passe Übungen flexibel an, erkläre, für wen sie besonders geeignet sind, und modifiziere sie bei Bedarf so, dass sie einfacher umsetzbar und individuell abgestimmt werden. Diese individuelle Herangehensweise verbessert nachweislich die Bewegungsqualität meiner Kunden und macht es ihnen leichter, die Übungen in den Alltag zu integrieren.
Rolfing hat mein Pilates-Training auf ein neues Level gehoben – für mich und meine Kunden.
Wie hat Rolfing deine Sicht auf Pilates verändert?
Im klassischen Pilates gibt es klare Prinzipien für die ideale Haltung: Core und Beckenboden bleiben stets aktiv, das Becken in eine vorgegebene neutrale Position gebracht, das sogenannte „Hohlkreuz“ ist verpönt. Diese Regeln hatten in meiner Zeit als Turmspringerin ihre Berechtigung, da ständige Kontrolle und Anspannung für Sicherheit sorgten.
Rolfing hat mir jedoch ein dynamischeres Verständnis für Haltung und Bewegung vermittelt. Heute weiß ich: Der Körper sollte flexibel sein – Spannung und Entspannung wechseln je nach Anforderungen der jeweiligen Bewegung. Der Core muss nicht immer aktiv sein, sondern sich dynamisch anpassen können. Gleiches gilt für den Beckenboden. Dieser anpassungsfähige Ansatz macht Bewegungen sowohl effektiver als auch angenehmer und leichter in den Alltag integrierbar.
Auch die Haltung zur Lordose (Hohlkreuz) hat sich verändert. Statt sie zu „korrigieren“, sehe ich die natürliche Kurve der Lendenwirbelsäule als vollkommen in Ordnung und erwünscht! Entscheidend ist nicht ihre Eliminierung, sondern dass diese Region flexibel und beweglich bleibt. Das Konzept einer einheitlichen, „neutralen“ Beckenposition hinterfrage ich ebenfalls. Es berücksichtigt nicht die individuelle Anatomie jedes Menschen. Stattdessen arbeite ich mit meinen Kunden daran, die für sie beste Beckenposition zu finden – eine Position, die je nach Bewegung oder Belastung variieren kann und soll.
Trotz dieser Sichtweise hat klassisches Pilates mit seinen Prinzipien nach wie vor seine Berechtigung, besonders als Sicherheitskonzept. Rolfing hat mir jedoch gezeigt, wie ich diese Prinzipien bei Bedarf variieren und an individuelle Bedürfnisse anpassen kann. Ich sage zu meinen Kunden: „Je variantenreicher ihr trainiert, desto mehr profitiert euer Körper.“
Mein Ziel ist es, meinen Kunden ein vielseitiges Training zu bieten, das ihnen hilft, Bewegungen zu spüren, zu verstehen und zu verkörpern – ein Prozess, den wir im Rolfing „Embodiment“ nennen.
Dank Rolfing bin ich heute eine bessere Pilates-Trainerin, die den Körper ganzheitlich betrachtet und flexibel auf individuelle Anforderungen eingeht.
Wie hilft Rolfing, Bewegungsprobleme zu lösen, die Pilates allein nicht adressieren kann?
Während Pilates die Beweglichkeit und Muskelstärke fördert, schafft Rolfing durch gezielte Hands-on-Techniken eine strukturelle Grundlage, die Bewegungen leichter und natürlicher macht. Diese setze ich als Pilates Trainerin ein und helfe meinen Kunden mit kleinen manuellen Impulsen, Bewegungen besser zu verstehen und bewusst auszuführen.
Anhand des „Rolfing-Touch“ kann ich Bereiche des Körpers reaktivieren, die wenig genutzt werden, oder verspannte, überdominante Regionen entspannen. Dies führt oft zu Aha-Momenten, in denen sich Bewegungen plötzlich leichter und natürlicher anfühlen.
Gleichzeitig vermittelt Rolfing edukativ, wie unnötige Anspannung reduziert und effizientere Bewegungsstrategien entwickelt werden können. Das erweitert die Bewegungsmöglichkeiten und gibt dem Körper neue Impulse.
Ein Fokus liegt auf dem faszialen Netzwerk, das jede Bewegung beeinflusst. Durch die Arbeit an der Faszienstruktur wird ein harmonisches Bewegungsgefühl gefördert. So unterstützen sich Rolfing und Pilates optimal: Pilates formt und stärkt, während Rolfing die Voraussetzungen für fließende, freie Bewegungen und Raum im eigenen Körper schafft.
Wie erleben deine Kunden den „Rolfing Touch“?
Meine Kunden erleben den „Rolfing Touch“ als angenehm und besonders. Es geht nicht um korrektives „Zurechtdrücken“, sondern um eine Berührung, die den ganzen Körper anspricht und leitet bzw. unterstützt. Viele berichten, dass sie dadurch Bewegungen besser verstehen und sich bewusster wahrnehmen.
Der Touch ist unterstützend, führend und begleitend, nicht nur korrigierend. Dadurch fühlen sich die Kunden mitgenommen und entwickeln Vertrauen zu mir und ihrem eigenen Körper.
Die Erfahrung soll über die Stunde hinaus wirken und nachhaltig Veränderungen im Körpergefühl und Bewegungsverhalten anstoßen. Wenn du eine positive Assoziation dazu hast, gelingt das einfach besser.
Wie unterscheidet sich die Raumorientierung in Rolfing und Pilates?
Im klassischen Pilates liegt der Fokus primär auf einer sehr aufrechten, gehaltenen Haltung, mit dem Ziel, der Schwerkraft entgegenzuwirken. Beim Rolfing hingegen wird die Schwerkraft als Unterstützung genutzt, um den Körper harmonisch im Raum auszurichten. Dabei stehen nicht nur Aufrichtung, sondern auch Bodenorientierung und die Integration des gesamten Körpers – von den Füßen bis zum Scheitel – im Vordergrund.
Rolfing arbeitet bewusst mit räumlichen Vektoren, um Bewegungsfreiheit und ein besseres Körperbewusstsein im Raum zu fördern. Diese Ansätze ermöglichen, die Dreidimensionalität des Körpers zu erleben und die Schwerkraft als Ressource zu nutzen.
Die strengen Haltungsregeln im Pilates lassen wenig Variabilität zu, während Rolfing Spielraum gibt und die natürliche Bewegungsvielfalt betont.
Wie beeinflusst dein Mantra ‚Die beste Haltung ist die nächste Haltung‘ deinen Pilates-Unterricht?
Mein Mantra „Die beste Haltung ist die nächste Haltung“ lenkt den Fokus weg von starren disziplinbasierten Idealvorstellungen hin zur natürlichen Anpassungsfähigkeit des Körpers. Es gibt keine perfekte Haltung, sondern eine natürliche Dynamik, die den Körper in jeder Situation unterstützt.
Dieser Ansatz, inspiriert vom Rolfing, nimmt den Druck von meinen Kunden. Haltung wird so weniger mit Anstrengung und Disziplin assoziiert, sondern als etwas erlebt, das angenehm und leicht sein darf. Wenn man versteht, dass man seine Haltung im Alltag annehmen und variieren darf – dass es okay ist, „heute auch mal einzusacken“ – dann ist diese Veränderung nicht nur körperlich spürbar, sondern auch mental befreiend und gibt einen Impuls für den Alltag.
Dadurch wird das Pilates-Training nicht nur effektiver, sondern auch alltagstauglicher und nachhaltiger.
Warum ist Rolfing Strukturelle Integration eine so wertvolle manuelle Methode?
Rolfing schafft Raum – und wo Raum entsteht, wird Bewegung möglich. Durch gezielte Rolfing-Sitzungen lösen wir Einschränkungen im faszialen Gewebe, die Bewegungen blockieren. Zum Beispiel beobachten wir beim Pilates häufig eine eingeschränkte Beweglichkeit der Hüfte. In solchen Fällen kann Rolfing helfen, Blockaden zu lösen und die Bewegungsfreiheit zu erweitern.
Das Ergebnis: Frust beim Training wird reduziert, und Freude sowie Leichtigkeit kehren in die Bewegungen zurück.
Welchen Tipp hast du für Pilates-Trainer, die Rolfing kennenlernen möchten?
Unbedingt selbst eine Rolfing-Sitzung erleben! Nur so versteht man, wie es sich anfühlt, den eigenen Körper auf neuartige Weise zu spüren.
Als Trainer nehmen wir eine Vorbildfunktion ein. Wenn wir selbst diese Erfahrungen machen, und in uns spüren – Embodiment - können wir sie authentisch weitergeben.
Dies bereichert nicht nur die eigene Arbeit, sondern stärkt auch die Verbindung zu unseren Kunden und eröffnet neue Perspektiven für den Unterricht.
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Interviewpartnerin: Marion Reiff, Certified Rolfer®, Pilates Trainerin, Wassersprung Trainerin – Wien, Österreich
Interview und Bearbeitung: Sabine Becker
Foto: Copyright © Marianne Schnitzler
Marion Reiff’s Website
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